Auf beiden Seiten der Tür

(1)

Den Anfang übersehen, aufstehen, sich fertig machen, Kaffee. 

Scheitern : den Alltag überstehen, ohne Zukunft. 

(2) 

Die Anzeichen ignorieren. Sich übergeben. Den Schuh verlieren. 

(3)

Was ich wollte: eine gemeinsame Zukunft.
Was ich bekommen habe: eine Gegenwart, die nicht zu ertragen ist. 

(4) 

Für uns bleibt nur – Die Flaschen weiter-trinken. Mich leer-trinken. Die anderen aus-trinken. 

(5)

In den Leben der anderen entstehen 

WEITER

Sachen / Menschen / Planeten / Gärten / Welten / Horizonte

& ich weiß nicht, wie das gehen soll: 

WEITER 

nur atmen / arbeiten / schreiben / atmen / arbeiten / schreiben / atmen / arbeiten / schreiben / atmen / arbeiten / schreiben / atmen / arbeiten / schreiben / atmen / arbeiten / schreiben

das geht ohne

WEITER

(7) 

In mir entstehen 

nur 

WORTLÖCHER 

aus Begriffen 

für etwas 

nicht Nennenswertes 

Lückenlos offen bleiben 

Und alles was durch mich hindurch geht – Sachen/Menschen/Planeten/Gärten/Welten/Horizonte 

(8)

Du hast: einen anderen Horizont / Du lebst: in einer anderen Welt / Du streifst: durch andere Gärten / Du lebst: auf 1 anderen Planeten / Du bist: ein ganz anderer Mensch geworden / Du kannst: mit m1 Sachen nichts mehr

anfangen, mit mir nichts mehr

(9)

durchziehen 

sowie ich deine Streifzüge, deine Umkehrbahnen

dein neues Leben

du wirst uns

AUFTRENNEN

ich mich 

PULVERISIEREN

müssen 

und in Gramm bemessen

durch deine Nasenlöcher 

mich in PASSFORMEN 

erfinde

ich uns 

immer wieder 

(10)

was unter unseren zungen kleben bleibt

speichel, zucker, haare

du wärest für mich da

immer : aber
                      das war klebstoff

(11)

und jetzt auch nichts mehr 

aus dir

NIEMAND

der an mir 

HAFTET

für dich

kelbe nur  

  •  ich als Halbheit

zwischen Verzichtserklärung und Unschuldsvermutungen 

(12)

wenn ich uns denke

in müdigkeiten

ich will das so nicht

ich will uns so

nicht

dich ohne dein lächeln

uns ohne vertrauen

wie ich das fortschreiben
soll

enden sind steine
die durch venen fließen

(13)

Wenn du uns denkst

denkst du in 

Änderungsvorschlägen

Wie man mich als Grenze 

abstecken

DAHINTER-

für dich fremdes Land 

mich schädigende Sperrgebiete 

DAHINTER –

Ich warte auf Hände die sich hinter Rücken schlingen und Wörter,die nach Mitternacht passieren 

Weitergehen ist –

auf beiden Seiten der Tür

Kein Durchgang 

mehr

(14)

nur eine wand aus

fragen

hoffnungslosigkeit

schreien

dahinter eine wand,

ich frage

hoffe

schreie

mir fehlt

die aussicht

(15)

dir 

meine Weitsicht 

ich dachte ich sehe

UNS entgegen 

aber

es waren immer nur 

zerbrochene

MORGEN

immer nur ich

ERBRECHEN

trinken

     schreien

schreien 

ERBRECHEN 

TRINKEN 

meine erbrochenen Wörter 

für dich

  • Notwendigkeit einer Schalldämpfung

und mir die 

Stimme 

  • in anderen Hälsen

ERSTICKEN 

(16)

das zusammen

halten

wie ich alles

loslasse, auch

dich als roten faden 

nie mehr 

da fängt mich nichts mehr

wenn ich falle

keine sicherheit

kein vertrauen

nur ekel

der bleibt

aber

(17)

der Boden

ist Ausnahmen 

Und dort liegen bleiben 

wird 

Mich ausnehmen 

LASSEN 

In endlosen

WEITER 

Bis 

der Boden

der mich

unter den Füßen

VERLIERT

Mit Balkon ohne Aussicht/ Schlafzimmer

Es gab nie eine fixe Logik wann du; nie eine Regel die ich hätte lernen können, nichts Vorhersehbares dem ich hätte ausweichen, oder das ich hätte absichtlich herbeiführen können. Nur immer irgendwann, deine Hand, mein Schritt, deine Räuspern, mein nächster Schritt – Schlafzimmer.  

Und alles was dann dort – Fiebertraum. Dein Stöhnen, raues Hauchen oder wie es klingen würde wenn Karst singen könnte. Und ich dabei – Puppe, für dich modelliert. Dein Puppen Massaker. Die Öffnung in meinem Mund – der Durchmesser deines Daumens. Zwischen meine Schulterblätter – nur dein Gesicht (von hinten). Der Abstand zwischen meinen Brüsten – deine rechte Hand. Wenn du meine Beine in die Luft ; verharre ich. Bis du sie wieder runter nimmst (ich könnte stundenlang, wenn du nur stundenlang). Meine Haarfarbe an deine angepasst. Beim Ficken vermischen sich dann unsere Köpfe, beim Ficken werden unsere Köpfe zu einem – (von hinten). 

Und in den Stunden danach, nie einschlafen können neben dir, die Muttermale am Rücken abzählen. Jedes Mal eine andere Zahl erkennen. Wieder von vorne beginnen. Ich kann die Uhr nicht lesen, nur meine Zeit an deinem Körper.

Für mich war das – Fiebertraum – dumpf und eingewickelt 

Für dich war ich – entgleiste Gute-Nacht Geschichte

Wie du mich immer wieder aufgegriffen hast, Spiel in Sätzen, wie du mich verschrieben hast, auch in anderen oder die anderen in mir, immer härter, bis ich orientierungslos, war ich dafür wichtig oder war ich nur Stoff für dein Muster, für dein Schema F. (wie vielen anderen hast du die Beine, hast du den Kopf und wie weit, wie vielen anderen hast du gesagt, sie sollen dich dabei ansehen und sind sie auch erstarrt für dich;) 

Mir eine Welt vorstellen, in der es wahr ist, wenn ich sage, ich habe mich entfernt von dir, aber es stimmt in keinem einzigen Moment, ich behaupte, ich will keine deiner Puppen sein, aber dann bewege ich mich doch jedes Mal, wenn du mich angreifst, zwischen uns gesprochen, du fehlst mir, ich vermisse dich, ich kann nicht richtig atmen, ich kann nicht mehr richtig fühlen, seit du mich genommen hast, mit jedem anderen ist das doch alles nicht echt, nur lauwarm, ich will wieder unter dir liegen und von dir vermessen werden, ich will, dass du jede Abwesenheit in meinem Körper benennst nach dir, ich will, dass du mich von hinten gegen die Wand fickst, solange, bis ich eins bin mit ihr.

Beim letzten Mal waren es nicht diese Zimmer, nicht deine Wohnung. Beim letzten Mal blieben meine Haare ohne Rotweinreste, mein Beine ohne Flecken, mein Mund dann ohne Salzgeschmack. Deine gelben Finger, meine Nikotinsucht – uns ausgelutscht. 

Man kann Erinnerungen nicht nur im Hirn, ich das kann das auch im Körper. Dich als Effekt speichern und seitdem auch als Filter über mich legen. Wie du da, wie wir da auf meinem Sofa – Grenzen fallen lassen; jedes Gesetz, für dich aufgestellt; an mir wieder gebrochen. 

(oder wie ich das Kondom solange unterm Bett; weil ich es nicht wahrhaben konnte) 

Und dann hab ich dich angezogen, dich aufgerichtet (Männerpuppe). Dich zur Tür begleitet. Die Tür hinter mir, dich aus mir, gesperrt. 

Und dann hab ich deinen Nachbar gefickt.

Julia Knaß & Michelle-Francine Ulz

Auszug: Aufstehwunschlisten und Entleerungsversprechen

Die Tage werden zu Unterschieden zwischen: was ich spüren möchte. Mich als Ebene und dreidimensional. Uns als Gleichung sich aufhebend. Und was ich spüren kann. Die Hüftknochen die sich in den Boden fressen, bin ich unter mir bin ich hart. Was ich auflösen alles werden kann – xyz. Ich bin Wunschprojektion und der Wunsch – Substantiv und männlich. 

Die Tage werden Listen schreiben, was in den Mund darf; was nicht. Was sich gegenüberstehen wird: Männernamen, die Nahrungsmittel ersetzen. Sich überschneidende Parallelitäten und du wirst für mich: Weißbrot und Kuhmilch. Und es wird einfach: dich vermeiden in vollen Supermarktregalen und der Körper kann sich an alles gewöhnen. Wenn ich nur zweidimensional, wenn du nur flächendeckend.

Meine Tage werden nicht gelistet sein, in einem Werk, in seinem Mund, und in meinem kommt nur, was ich nicht spüren muss; abends will ich eine Aerographin sein, die ihre Stoffe selbst vermisst, bis ich mich verdichtend in Zahlen auflöse: den Kilometern, die ich zwischen meinen Körper und mich gelaufen habe (heute: 10), der Einkaufsliste und wie viele Abweichungen es von ihr gibt (heute: 3), wie oft ich daran gedacht habe, zu schlucken und wie oft ich daran gedacht habe, dir zu schreiben (was ich gegeneinander austauschen kann, heute 2:1).

Meine Tagen werden wiederholend, in zufälligen Begegnungen, in fremden Blicken, aus denen ich mich lieber betrachte als aus mir selbst; immer auf der Suche nach einem Gegenüber, das mir schreibt: ich nehme alles von dir, was ich bekommen kann; dass ein anderer Mensch mich zuerst ausweidet und mir dann ein Gewicht gibt in seiner Welt, ohne dass ich eines haben muss, für meine eigene. 

Michelle-Francine Ulz & Julia Knaß

Auszug: Mit Balkon ohne Aussicht/ Wohnzimmer

WOHNZIMMER

Den Schnaps und die Gefühle auf ex, den Kaffee und die Träume in kleinen Schlucken, der Wohnzimmertisch ein Sternbild aus unseren Spuren, vom Schnaps, vom Kaffee, den Zigaretten, uns, wir haben unsere Karten gespielt, ich mische, du hebst ab, wir haben unsere Körper auf den Tisch gelegt, du mischst, ich hebe ab, du hast immer gesagt, schau, und, ich soll mehr spielen als leben, ich soll das locker nehmen, du mich hart, sometimes you win, sometimes you lose, wir mischten, du bist abgehoben, ich untergegangen.

Ich hab das auch ohne Bett, ohne Decke immer gut gekonnt, den Himmel runterziehen, auf uns tapezieren, am Boden, gegen die Wand, du hast das immer gut gekonnt, mich inventarisieren, in eine Szene setzen, zieh das aus, ich will dich in schwarz, langsam, dreh dich um, spreiz die Beine, mach dich weiter.

Und wie weit du mich denn noch; haben willst. Gehen wirst. Hier im Wohnzimmer können wir; nur auf dem Boden. Und ich weiß auch nicht mehr wer zu erst, du auf mir oder ich auf dich (mich losgelassen). Ich konnte immer nur meinen Kopf am Boden spüren und die Haare dann verklebt von den Rotweinresten. Die Flecken auf mir und die darunter. Und dann begonnen meine Erinnerung an dich in Flecken zu rendern (gib mir etwas das weniger schnell verblasst). Hier im Wohnzimmer ist das Sofa unsere Grenze, auf dem Sofa konntest du nie. Deine Grenze – nur tiefer und schäfer. Nur ich am Boden, vor dem Fernsehgerät, als deine close-up/one-shot Unterhaltung. Du brauchst nicht mich unter dir, du brauchst dich von oben. Aber ich war zu ungenau, im Gebrauch. Wir zu fehlerbehaftet, als Film. Ein Hängen in Schleifen, vorwärts, rückwärts, spul mich zurück an die richtige Stelle. Dort wo ich noch – die Rollen auf mich zuschneiden, nicht umgekehrt. 

Erst in der Auswertung – die Ränder die ich einbrach, die Kanten die ich dir verletzte. 

(lass mich lieber unbelichtet) 

Du und ich am Boden. Nicht liebend, nur laute  –

Empfindlichkeitsverluste, zu empfindsamkeitsverloren, ich zwischen deinen Fassadengefühlen, ich hab auch nie gefragt, was dahinter, ich hätte mir das auch nie zugetraut, dich zum Einstürzen bringen;

Julia Knaß & Michelle – Francine Ulz

lat. “nach vorn/zur Schau stellen, preisgeben”

@Iris Forstenlechner

Auf dem Foto: Über dem gewölbten Bauch hält sie eine Zigarette. Der Mann neben ihr, groß und dunkel. Beide tragen die Haare lang und offen. Locken hängen ins Gesicht. Auf dem Foto: Der Wind bläst und der Embryo im Bauch ist zu erahnen. 

Über den Tisch gelehnt hält sie ein Glas Kognak und eine brennende Zigarette. Das Kind sitzt ihr im Schoß. Und man ist froh, ein Mädchen ein Schoß zu haben, etwas, das einem selbst ähnlich ist. Der Mann am Bild: namenlos. 

Sie trägt weiße Unterwäsche und die Hände in den Hüften. Der Körper ist voll und das Lächeln ist Halbheiten und auf den Bildern danach auch nie mehr ein Mann. Männer halten sich im Hintergrund. Männer das sind immer ein anderer, ein nächster. Und für sie ist es einfach – den Knopf drücken und das Blitzlicht abwarten. Und die Frau am Bild wird Abenteuer. Und das Abenteuer kostet ein paar Schilling und wird Erklärungsnot und verrückte Erinnerung. 

Ihre langen Haare fallen über den Busen der im tiefen Ausschnitt gut zur Geltung kommt. Der Zigarettenrauch lässt das Gesicht halb erscheinen und nur der Körper bleibt zuweisbar und eindeutig. Der Raum: abgedunkelt und fensterlos. Die sich abwendende Männerköpfe im Spiegel hinter ihr – Zukunftsreflexion. 

altgriechisch, Ochsenhunger

Der Löffel bleibt stecken im Schaum. Und sie hätte sich das leichter gewünscht  – die aufgeschlagene, warme Milch. Luftiger. Und einen Löffel der hindurch rutschen kann ohne stecken zu bleiben. Also musste es zu viel Milch sein. 

Und dann kann man sich von außen beobachten, wie man Milch wird und der Löffel die Glieder und man sich umdrehen kann und die Milch vom Löffel, oder wie der Schaum von Gliedern. 

Was bleibt ist: klebriger Nachgeschmack und süßliche Gerüche die haften. Und wenn man sich zu erkennen geben möchte: man müsste nur die Hand unter Nasen halten.